Häufige - selten - ausgestorben, aber warum?

  • Servus,


    ich bin schon seit einigen Jahren im Hobby dabei, und beobachte einen Trend, der mich immer wieder nachdenklich stimmt.

    Woran liegt es, dass viele Arten einmal häufig sind, einmal aussterben, wiederkommen etc?


    Zum Verständnis, was ich meine:


    es gibt meiner Ansicht nach 3 Arten, die seit langer Zeit immer in Zucht sind, und immer verfügbar, nämlich Hierodula membranacea (logisch, DIE Anfängerart), Hymenopus coronatus (auch logisch, weil Orchidee und schön) und Phyllocrania paradoxa.


    Diese 3 Arten scheinen auch kommerziell spannend und daher sehr „zuchtwürdig“ zu sein, und offenbar werden sie daher auch von Händlern erhalten.


    Dann gibt es logischerweise Arten mit hohen Ansprüchen, die deswegen zwar oft laufend vorhanden, aber selten sind - auch logisch. Hier gehören für mich zB. manche anderen Hierodulas, Tarachodula oder Gongylus dazu.


    Aber dann gibt es das, was ich die Boom-Arten nenne, und das ist ein Phänomen das mich echt irritiert.


    Kurz bevor ich mit Mantiden angefangen habe (glaube das war 2016), war zB Popa spurca überall verfügbar. Als ich mir die Art dann ab 2020 zugetraut hab und Covid endlich vorbei war - glaubt ihr, ich finde eine? Heuer hab ichs endlich geschafft - aber die hat kaum jemand mehr…


    Im Gegensatz dazu ist derzeit Creobroter sp. „Yunnan“ (hat die eigentlich wirklich keinen Art-Namen?) aktuell an jeder Ecke zu finden und gefühlt jeder hat sie - oder Blepharopsis mendica, die hat derzeit auch jede Zoo-Handlung.

    Woran liegt das, dass manche Arten in so einer Schwemme kommen?


    Kommt da ein Import Wildfänge rein, die vermehrt werden und nach ein paar Jahren verlieren alle das Interesse?


    LG

    Georg

  • Moin...


    Händler haben überhaupt keinen Einfluss ins Artbestehen in der Hobbyzucht. Die verscherbeln hauptsächlich Einzeltiere und züchten selten selbst nach.


    Genau das ist auch der Grund warums immer mal wieder überall sie selbe Art zu Hauf gibt und dann wieder nix mehr: die geneigten Züchter von denen diese "Booms" kommen hören die Arten wieder auf (aus den verschiedensten Gründen, kann von Kapazitäten über Selfcare bishin zu Desinteresse an der Art gehen) - dann kaufen Einzeltierhalter alles als Einzeltiere auf und da dann einfach keiner mehr nachzieht (wie denn auch mit einzelnen Tieren) verschwinden sie wieder, bis zum nächsten Import.


    Der Trend hat so aber auch erst in den letzten paar Jahren angefangen, als Insektenhaltung via Social Media in Mode kam. Ich kann mich noch erinnern dass damals, als ich angefangen hab, es viel moderner war selbst nachzuziehen und statt zu kaufen viel öfter getauscht wurde.


    2020 hatten wir btw die Popa spurca noch, oder grad frisch aufgehört und zuvor nochmal großzügigst verteilt. Man sieht ja was davon noch übrig ist🤷‍♀️


    Die C.sp."Yunnan" wurden (noch) nicht bestimmt (oder beschrieben) und die paar Leute die das könnten haben entweder noch keine der Tiere in die Hand bekommen oder keine Zeit. Ist manchmal einfach so, unsere H.quinquepatellata waren auch 7+ Jahre mit Fundort statt Name unterwegs (und als sie endlich bestimmt waren hat uns das keiner gesagt und wir ham sie fleissig weiter als "sp. Lombok" verteilt) ;)

    Wenn sie lang genug in Zucht bleiben wirds irgendwann.


    -Kraehe

  • Hallo Creoplatys,

    es ist eine spannende Frage.


    Es wäre ja anzunehmen wenn Phylocranias züchtest und ich auch, unsere Tiere nicht alle jetzt im September die große Schlupf-Party feiern.


    Aber ehrlich gesagt, ich weiß z.B. gar nicht wer alles noch "meine" Arten züchtet. Je ein zwei Leute kennt man, aber eigentlich dürften es viele mehr sein.

    Ich habe bei Phylocranias meist 20-60 Weibchen.

    Was glaubst du, was die Ootheken legen.

    Ich lass meine nächste Zuchtgeneration schlüpfen, dann gebe ich Ootheken hab. Aber ich habe weder Zeit noch Nerv, mit 20 einzel Leuten zu verhandeln, sondern da geht einfach schwubb ne ganze Hand voll Ootheken auf die Reise und das meist an Händler oder andere "Verteiler", die die Kapazitäten haben.

    Die Nachzucht schlüpft binnen 8 Wochen und schon hast du einen Auslöser für deine so genannte Schwemme 😉

    Tja, passiert 2x im Jahr bei mir und der Rest ist meine eigene Nachzucht, Futtertier oder die alten sind zu alt und die jungen noch zu jung 🤷

    Und ich sag Mal so, das machen natürlich noch einige Andere mehr oder weniger ausgeprägt und das verstärkt den Schwemme-Effekt.


    Hinzu kommt die Tiere haben ja schon einen Rhythmus in dem sie adult und geschlechtsreif werden, egal bei wem sie leben.

    Sprich wenn du, ich und noch zehn andere aus einer Oothek Nachwuchs zum Zuchtaufbau einkaufen, dann werden wir 12 immer um ein paar Wochen +/- den Markt mit unserer Nachzucht fluten. Deswegen gibt's dann im Frühjahr Art XY und im Herbst irgendwas anderes wie Sand am Meer.


    Gerade zum Beispiel habe ich bei Phylocranias, viel zu alt und viel zu jung. Ein paar legen noch und schon Ootheken. Aber insgesamt ist da nicht viel los.

    Ich hatte z.B. jetzt 3 Monate keine Sibylla pretiosa Ootheken, aus demselben Grund. Jetzt habe ich die ersten zwei entdeckt...

    Yunnan habe ich auch, okay, die schwemmen wohl immer 😂

    Sind quasi kurz nach der Adulthäutung schon geschlechtsreif. Dazu super easy zu halten, echt schön und auch in Zucht easy.

    Ich denke, die werden nicht einfach so verschwinden, außer die Nachfrage sinkt 🤷

    Aber ich finde die Klasse.

    Und da sie klein sind, sind sie auch einfacher in mehreren Linien parallel zu halten als andere Arten.


    Aber ich glaube auch, die meisten Mantidenhalter halten Tiere und steigen nicht so in die Zucht ein.

    Mantiden sind auch irgendwie Einsteigertiere in die Terraristik, also viele Leute holen sich irgendwann Echsen oder andere große Tiere...

    Denn mal ehrlich, wenn man die Mantidenzucht in einem bestimmten Maß betreibt, ist es auch nicht mehr "billig".

    Einige Leute, die ich kenne und die auch züchteten, sind zu anderen Insekten oder ganz anderen Tierarten gewechselt.

    Und auch ich, auch wenn man es nicht merkt, reduziere eigentlich Arten. Ich habe Mal 10/12 Arten parallel gezüchtet, jetzt sind es noch 5 Arten.

    Gut hier sitzen noch ein paar mehr im Augenblick und auch verpaart 🙈

    Aber ich ziehe nur 5 noch selbst auf...


    Also nicht nur Halter, sondern auch Züchter verändern ihren Fokus und in der Masse, macht das dann schon was aus. Zumal erinnere dich deine, meine und die Tiere von zehn anderen Züchter haben einen Zyklus, also hört die Hälfte aus und hat die andere Hälfte Pech, dann wird ne Art erstmal selten. Zum Glück gibt's dann noch hoffentlich Züchter mit nem anderen Zyklus und dann taucht die Art plötzlich wieder auf.

    Und wenn dann keiner mehr da ist, ist sie weg.

    Ich glaube so ist es mit den Danurias gegangen.

    Ich hätte ne gute Nachzucht - die waren vorher schon kaum zu kriegen.

    Ich hab ein bisschen verteilt und alle hatten wir Pech. Schon war die Art weg.

    Vielleicht taucht sie wieder auf, weil irgendwer noch im Kämmerlein welche hat oder sie werden noch Mal importiert...

    Aber selbst wenn, die Einzeltierhalter haben an der Art wenig Interesse gezeigt, wie an vielen tollen anderen Arten...

    Und da viele Mantiden züchten, um verkaufen zu wollen, wird gezüchtet was geht.

    Was nicht geht, ist unlukrativ.


    Blepharopsis medica sind z.B. pünktlich mit den steigenden Strompreisen vor 2 Jahren eingebrochen. Gab ne Weile nur die mit Diapause zu finden. Irgendwer muss die Art behalten haben, wenn sie jetzt wieder da ist.

    Aber es gab auch plötzlich wieder nachfrage. Mit der Nachfrage züchten viele auch erst mehr.


    Also zumindest meine Erfahrung mit dem Thema, ich bin aber auch erst seit 2021 im Hobby und deswegen ist nur ein sehr persönlicher Einblick.


    Liebe Grüße,

    O.

  • Hallo ihr beide,


    danke für eure Gedanken dazu!

    Klingt plausibel. Das heißt, ihr geht davon aus dass die größeren Händler (zB PetFactory, Wüst, Kerf) hauptsächlich Ootheken aufkaufen statt selber zu züchten. Spannend! Ich hätt mir die Händler immer so als Zuchtbetriebe vorgestellt ^^


    Die Creobroter Yunnan sind tatsächlich super einfach. Ich hab die recht neu und war sehr überrascht, WIE einfach die im Vergleich zu meinen anderen Arten sind. Die muss man nichtmal beheizen 😅 wirklich erstaunlich. Die gehen echt nebenher.


    Ich vermute mal, dass es zu einem gewissen Teil auch an der optischen Attraktivität der Arten liegt. „Groß und grün“ zieht warum auch immer immer sehr gut, genauso „Crazy“ (zB Phyllocrania, Blepharopsis, Idolomantis - wobei ich den Reiz an Idolos nie verstanden habe, ich find die schauen aus wie eine zerfledderte Deroplatys :D).
    „Klein und braun“ oder die Ast-Optik ist sicher weniger ansprechend (obwohl ich genau die sehr cool finde).


    Das mit den Einzeltierhaltern stimmt natürlich auch. Wenn ich als Anfänger kaufe, hab ich aber oft auch gar keine Möglichkeit mir zB in der Zoohandlung ein Zuchtpaar zu holen. Mein Kölle-Zoo zB hat nur Mädels, weil sie größer und langlebiger sind 😅


    Und die Zucht ist halt aufwändig. Nicht so easy wie zB Käfer, wo ich die Larven in eine Box mit feuchtem Flakesoil packe, einmal im Monat sprühe und nach 1 Jahr Käfer ernte :pleasantry:


    LG

  • hallo,


    sehr spannend. Welche Arten landen da von euch im Handel?

    Unser Kölle Zoo hat immer H. membranacea und C. yunnan. Und immer wieder B. mendica und Gongylus. Mehr aber nicht 😅


    LG

  • Moin...


    Diverses was wir grad abgeben, wir sind ja keine Profivermehrer sondern ziehen hauptsächlich zum eigenen Arterhalt nach/auf und vergeben/verkaufen nur Überschüsse.


    Im letzten Jahr warens mehrmals Cryptophyllium (wobei wir Phasmiden nur Paar- oder Gruppenweise abgeben - bei Phasmiden werden idR aber auch vom Endkunden dann eher Paare oder Gruppen gekauft), grad äußerte er Interesse an Cilnia - da möcht er natürlich selektierte Weibchen ;)


    -Kraehe

  • Hallo Creoplatys,

    ich glaube, die wenigsten Shops züchten selbst Mantiden und wenn dann 1, 2, 3 Arten als Hobby.

    Mantiden sind in der Eigenzucht einfach sehr aufwendig und das würde, wenn man es auf Gewinn auslegt, selbigen schmälern.

    Ne L3 Nymphe irgendwas geht oft schon für wenig Geld über den Tisch, dafür kann man die kaum selbst züchten.

    Man muss die füttern, saubermachen, umsetzen, verpacken usw... und sie und die Zuchttiere nehmen Platz weg.

    Das Lohnt sich für Menschen, die damit Geld verdienen wollen, nicht wirklich.

    Wenn die Nymphen dann beim Händler sitzen, tun sie das bis zum Verkauf auch, nehmen dabei Ladenfläche (Miete+Strom) in Beschlag, müssen versorgt werden. Futter brauchen sie auch und das erklärt dann inkl MwSt die Diskrepanz zwischen den Preisen im Shop und bei z.B. Kleinanzeigen


    Der Rest wird von privat oder über Großhändler bezogen. Wobei auch Großhändler nur auf- und Weiterverkaufen - oft auch über andere Händler von privaten Züchter.


    Vermutlich wird der Hauptteil der auf dem Markt gehandelten Mantiden aus privaten Nachzuchten stammen.

    Da fallen sie ohnehin hundertfach an und sind um die Elterntieren zu ersetzen quasi überflüssig.

    Deswegen "lohnt" sich auch gewissermaßen der billige Verkauf, denn im Grunde finanziert man sich so seine Tierhaltung - zum Teil 🙈


    Wie Krähe gesagt hat, am liebsten kaufen Händler möglichst kleine Weibchen - weil das fragen die Einzeltierhalter nach.

    Auf der anderen Seite braucht man zum Züchten eh die Kerle, denn mit 1 Weibchen kriegt man idR wieder hundertfachen Nachwuchs, aber die Männchen, die zu früh adult werden oder gefressen werden, sind eher die Mangelware.


    Persönlich stören mich 30 Kerle auch weniger als 30 Weiber, die ich idR einzeln setzen muss 😉

    Insofern behalte ich gerne die Männer.


    Ich glaube in Deutschland gibt's vermutlich kaum einen Händler, der nicht schon Tiere von mir bekommen hat - wenn auch nicht unbedingt über mich. Ich persönlich tausche am liebsten, meist gegen Futter oder was ich sonst brauche.

    Meine Zucht ist nämlich sehr ergiebig und würde mich sonst sehr schnell mit dem Finanzamt in Konflikte bringen.

    Ich habe auch ein paar Händler mit denen ich regelmäßig tausche, da werde ich praktischerweise auch Ootheken los. Denn das ist mir das liebste, weil am stressfreisten zu verpacken. Dann ein bisschen tauschen hier und da, tja und wenn es dann immer noch zu viele sind, dann spare ich Futtertiere 😉


    "Groß und grün" geht natürlich immer gut - ich habe davon keine mehr 😂

    Aber Einzeltierhalter haben oft die typische Vorstellung von einer Mantide.


    Bei anderen Mantidenarten zieht denke ich der Trivialname "Geistermantis", "Darth Vadar-Mantis", "Teufelsblume"... die Newbis mehr als das Tier an sich.

    Also nichts gegen Phylocranias, eine meiner Lieblingsarten, weil die Farbvarianten in der Zucht toll und die Gruppenhaltung easy ist, aber eine alleine in einem Terrarium? Ernsthaft? Da kann ich auch nur ne Pflanze in ein Terrarium setzen, nahezu ähnlich spannend 🤷

    In der Gruppe sind die schon nice und in der Zucht, aber das machen die Einzeltierhalter nicht. Aber gut, dass sie immer so gefragt sind, macht sie zu guter Tauschware.


    Ich denke viele Arten gehen nicht gut, weil sie einfach zu unbekannt sind oder keinen guten deutschen Trivialnamen haben.

    Die beste Art für Anfänger sind meiner Meinung nach Parasphendale affinis. Verzeiht nicht nur Haltungsfehler, sondern sind einfach gechillt. Da ist kein erschrecken (außer man gibt sich ganz viel Mühe), die bleiben sitzen, wo man sie hinsetzt. Sind dem Menschen ggü null aggressiv.

    Einfach nette Tiere.

    Außerdem gute Jäger. Fressen auch alles und in rauen Mengen, kommen aber auch mit wenig klar. Aber man kann auch lange zugucken, wie sie jagen, sie dafür auch auf den Tisch setzen... Die sind so unkompliziert, einfach Klasse!

    Ja, ein bisschen warm brauchen die es schon, aber welche Mantide nicht.

    Sie leben auch ne gute Weile. Männchen und Weibchen sehen komplett anders aus, mit einer Art hat man schon was zu zeigen...

    Also bei Hierodulas ist der Unterschied zwischen den Geschlechtern relativ gering, das ist mit einem Paar in zwei Terras doch schon fast etwas langweilig.

    Mit genug Platz und Futter lassen sich Parasphendale auch nach Geschlechtern getrennt in Gruppe halten.

    Also weniger traumatisierend wie bei ner Hierodulanachzuch bei der schon bald das große Fressen beginnt.

    Also klar, die fressen sich bei Futtermangel schon auch, aber wenigstens komplett und man hat nicht nur lauter kopflose herumirren.

    Also ne super Art, leider nicht besonders nachgefragt, denn nahezu unbekannt bei Anfängern.


    Yunnan sind wie schon gesagt auch einfach. Aber schon etwas hektischer. Erschrecken sich leichter...


    Aber ich züchte gerne die einfachen Arten.

    Ich brauche nicht den Frust, dass nichts kommt und man sich bemüht und trotzdem klappt es nicht. So was wie Diabolicas, die einem Häuten verrecken sollen, nur weil man den Raum betritt, würde mir gerade einfallen - nicht 😂

    Einfache Tiere, die Spaß machen und die tolle anzuschauen sind, am liebsten mit subtiler optischer Diversität wie bei Phylocranias oder Parasphendalen ist mir das liebste.

    Ja, hab auch Arten, die eher alle "gleich" aussehen, wie Sibyllas oder Heterochaetas...

    Also diese beiden Arten werde ich ebenfalls hoffentlich weiterzüchten.

    Irgendwann wird es sich Mal auf diese 5 Arten beschränken - hoffe ich.

    Naja, jeder hat so seine Vorlieben 😉


    Aber auch viele anderen Arten sind schön. Also gibt auch immer noch die uns das was mich reizt, aber man muss ja nicht alles selbst als Zuchtstamm halten.


    Liebe Grüße,

    O.