Schokoschabenzucht

  • Hallo alle miteinander!
    Immer wieder lese ich, dass von der Zucht von Schokoschaben (Shelfrodella tartara) aus verschiedenen Gründen abgeraten wird. Insbesondere wird das "Pestpotenzial" als Gegenargument angeführt. Da ich nur gute Erfahrungen gemacht habe, möchte ich hier eine kleine Anleitung zur Zucht und Tipps zum Einfangen von "Ausbrechern" veröffentlichen.


    Zucht
    Als Zuchtbehälter nutze ich leere Waffeleimer. Diese haben einen Durchmesser von ca. 22cm und sind ca. 20cm hoch. In den Deckel wird mit dem Teppichmesser ein Loch geschnitten und Fliegengaze eingeklebt. Das geht mit handelsüblichem Alleskleber, ich nehme aber immer die Klebepistole, dann hält es ewig und drei Tage (Bild 1).
    Auf den Boden kommt eine ca. 3cm hohe Schicht Haferflocken. Darunter mische ich Reste von Cornflakes, Brot, Fischfutter, Hundekuchen, Vitaminpulver usw. Was eben gerade so zur Hand ist. Wählerisch sind Schokoschaben nicht, da kann man nicht viel falsch machen.
    Darauf kommen ein paar Stücke von Eierkartons als Versteckmöglichkeit für die scheuen Tierchen. (Bild 2)
    Man sollte es nicht glauben, aber darunter verstecken sich 30 weibliche und 3 männliche Schokoschaben. (Bild 3)
    Auf die Eierkartons stelle ich ein kleines Körbchen für Frischfutter. In diesen Körbchen werden Blasenkirschen (Physalis) verkauft. Dadurch wird vermieden, dass das Trockenfutter feucht wird und sich eventuell Schimmel bildet. (Bild 4)
    Legt man das Feuchtfutter einfach auf den Boden werden kleinere Stücke auch mal regelrecht "vergraben". Dann fängt es an zu gammeln und natürlich auch zu riechen!
    Als Feuchtfutter eignet sich praktisch alles Obst und Gemüse. Ist immer genug Feuchtfutter vorhanden muss auch nicht zusätzlich Wasser gereicht werden, die Tiere nehmen die erforderliche Flüssigkeit über das Feuchtfutter auf.
    Als Zuchtansatz setze ich dann ca. 30 weibliche und 3 männliche Tiere ein. Die Geschlechter sind leicht zu unterscheiden, männliche Tiere haben Flügel, die etwas länger sind als der Körper (können aber nicht fliegen!) und sind deutlich heller gefärbt. Auf Bild 5 kann man die drei Männchen eindeutig ausmachen. Bild 6 zeigt noch einmal ein einzelnes Männchen. Im Vergleich dazu auf Bild 7 ein Weibchen und einige Ootheken. Bei dem Weibchen erkennt man am Hinterleib einen hellen Auswuchs. Das ist die nächste Oothek, die innerhalb von 48 Stunden gelegt wird.
    Die Weibchen legen ca. alle 14 Tage eine Oothek, aus der nach weiteren 14-60 Tagen (ich vermute mal, dass das Temperaturabhängig ist) 20-30 Jungtiere schlüpfen. In einigen Quellen wird eine Haltungstemperatur von 28-30°C angegeben, das halte ich aber für übertrieben. Meine Schokoschaben gedeihen bei Zimmertemperatur (im Bad) prächtig.
    Wenn nun die ersten Jungtiere schlüpfen, kann mit der Verfütterung begonnen werden. Meine Hierodula membranacea bekommen ab L3 junge Schokoschaben und auch adulte Tiere fressen ausgewachsene Schokoschaben immer wieder gerne. Schokoschaben können zwar nicht an Glaswänden hochklettern, sind jedoch recht gerne mal auf den Kletterästen unterwegs und bewegen sich dabei sehr aktiv. Dadurch entfällt das (nach meiner Ansicht) lästige Verfüttern mittels Pinzette.


    Die Vorteile von Schokoschaben als Futtertiere in Stichpunkten:
    - leichte, kostengünstige Haltung und Zucht
    - hohe Vermehrungsrate
    - geringer Chitinanteil
    - sehr flink (fördert den Jagdinstinkt)
    - flugunfähig
    - springen nicht
    - keine Geräuschentwicklung
    - sehr protein- und vitaminreiches Futter
    - geringes "Pestpotenzial"


    Ja ja, bei dem letzten Punkt gibt es sicher einige Gegenstimmen. Aber ich denke, diese kann ich entkräften.


    Freigänger und Ausbrecher
    Egal, wie sorgsam man im Umgang mit diesen Tierchen ist, irgendwann wird sicher mal eines entwischen. Bei der hohen Vermehrungsrate kann es ohne Gegenmaßnahmen dann dazu kommen, dass man es mit einer regelrechten Schabenplage zu tun bekommt.
    Der Schwachpunkt bei Schokoschaben ist, dass sie nicht an glatten Wänden (Glas, Kunststoff) klettern können. Man braucht also nur eine Falle in die sie hinein aber nicht wieder heraus können. Dazu eignet sich z.B. ein Gurkenglas mit einer "Treppe" aus Stoff, Toilettenpapier o.ä. (Bild 8 ) oder auch die hier beschriebene Heimchenfalle (http://www.petrosaurus.de/Falle.html).
    Entscheidend für den Erfolg ist aber der verwendete Köder. Schokoschaben sind süchtig nach Orangen! Die Reste einer ausgepressten Orange oder auch ein zerquetschtes Stück sind für sie unwiederstehlich. Einen besonderen Platz braucht die Falle nicht. Einfach dorthin stellen, wo man nicht darüber stolpert. Am nächsten Morgen sind alle freilaufenden Schokoschaben in der Falle versammelt. Klappt garantiert!


    Liebe Grüße
    Max

    Dateien

    • schoko01.jpg

      (26,76 kB, 53 Mal heruntergeladen, zuletzt: )
    • schoko02.jpg

      (20,84 kB, 46 Mal heruntergeladen, zuletzt: )
    • schoko03.jpg

      (21,57 kB, 49 Mal heruntergeladen, zuletzt: )
    • schoko04.jpg

      (22,33 kB, 43 Mal heruntergeladen, zuletzt: )
    • schoko05.jpg

      (26,35 kB, 45 Mal heruntergeladen, zuletzt: )
    • männchen.jpg

      (15,04 kB, 44 Mal heruntergeladen, zuletzt: )
    • weibchen+oothek.jpg

      (13,87 kB, 56 Mal heruntergeladen, zuletzt: )
    • falle.jpg

      (133,35 kB, 52 Mal heruntergeladen, zuletzt: )

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)

  • Hallo Max,


    danke für den schönen und ausführlichen Haltungsbericht. Wenn Du Lust hast, könntest Du diesen auch in unserem Wiki eintragen:
    http://mantopedia.de
    Dort ist er auch später einfacher auffindbar und wird sicher vielen Usern weiterhelfen.


    Viele Grüße,
    Tristan

    “Human beings, who are almost unique in having the ability to learn from the experience of others, are also remarkable for their apparent disinclination to do so.”
    ― Douglas Adams, Last Chance to See

  • Hallo Tristan,


    mache ich doch glatt! Einen Account habe ich angelegt und wenn der freigeschaltet ist, poste ich den Beitrag dort.


    Liebe Grüße
    Max

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)

  • Schon passiert :)
    Ich wünsche Dir viel Spaß mit der Mantopedia.


    Viele Grüße,
    Tristan

    “Human beings, who are almost unique in having the ability to learn from the experience of others, are also remarkable for their apparent disinclination to do so.”
    ― Douglas Adams, Last Chance to See

  • Hallo Max,


    der Bericht ist super...
    Allerdings stehe ich den Biestern nach wie vor skeptisch gegenüber.
    Wie definierst du die Gefahr von Pestpotenzial?
    Für mich ist alles potenziell gefährlich, was sich unbeobachtet hinter Küchenschränken vermehren kann. Meistens bemerkt man garnicht, wenn ein einzelnes Tier entläuft. Wenn das dummerweise ein befruchtetes Weibchen ist... reicht das um eine kleine Population zu bilden.
    Das man die mit einem mehr oder weniger großen Aufwand wieder "einfangen" kann ist möglich, allerdings hat das nichts mit der Gefahr an sich zu tun. Ergo: Pestgefahr = hoch


    Andere Futtertiere, nehmen wir beispielsweiße Drosophila, brauchen ein Nährsubstrat um sich zu entwickeln. Ergo: Pestgefahr = sehr gering.
    Gleiches gilt für Heuschrecken... diese brauchen extrem hohe Temperaturen und werden nur bedingt passendes Futter finden. Zumindest in meiner Küche ;)
    Du verstehst, worauf ich hinaus will...?


    Grüßle,
    Regina

    "Jetzt koch ich Mama"

    Satzzeichen können Leben retten

  • Hi Regina,


    okay, so gesehen ist das Pestpotenzial bei Schokoschaben sogar sehr hoch.
    Allerdings züchte ich die Tierchen jetzt schon gut drei Jahre und habe absolut keine Probleme damit. Weibchen, die eine Oothek legen verfüttere ich nie. Entkommt also doch mal eines, braucht es mindestens 24 Stunden, um eine Oothek zu legen. Bis dahin ist es mit Sicherheit wieder eingefangen. Schokoschaben können der Verlockung von Orangen einfach nicht wiederstehen. Büchst also eine aus stelle ich die Falle hin und am nächsten Morgen sitzt sie darin.
    Es ist aber auch schon länger als ein Jahr her, dass mir mal eine abgehauen ist.
    Ich kann nur empfehlen, die Tierchen immer mit einer langen Pinzette zu entnehmen (ich greife sie an einem Bein). Gerade, wenn viele Jungtiere im Zuchtbehälter sind, wird es mit der Hand schwierig. Eine fängt man und zehn andere setzen sich als "Blinde Passagiere" mit auf die Hand. Dann wird es lustig! :pleasantry:


    Liebe Grüße
    Max


    [EDIT] @ Tristan:
    Mit der Mantopedia komme ich nicht klar. Habe versucht, die Vorlage zu nutzen, aber ich bin wohl zu blöd dazu.

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)

  • Hallo,


    schöner Bericht Max....offensichtlich hast du ein geschickteres Händchen mit den Viechers ..... als ich :)


    Meine Methode die Schaben zu vefüttern war wohl nix, ich gebe zu, dass ich sie nicht mit der Pinzette verfüttert habe, sondern nach dieser Methode :) Terrarium auf winzige Schaben reingeworfen...Terrarium zu... Tiere auf der Jagd beoabchtet :)


    Problem war...dass ich (wie öffers mal) beim Rückwandbau wohl geschludert habe :( und die Schaben sich hinter der Rückwand vermehrt haben....über Monate hinweg genauergesagt über ein halbes Jahr....weil ich Depp da nicht gleich draufkam :( Kein normales Terrarium ist so dicht, dass die Biester daraus nicht entkommen.....so hatte ich über Monate hinweg regelmäßig Tiere im Freilauf...deine Orangenfalle wäre also die ganze Zeit im Einsatz gewesen :) hätte da eine gereicht?


    FATIT : das Füttern mit der Pinzette ist sicher sinnvoll.... aber nicht für mich :) erstens passt es nicht zu all meinen Viechern und zweitens mag ichs nicht.... ich finde viiiel spannnder den Tieren einigermaßen bei ihrem natürlichen Verhalten zuzuschauen :)


    Gruß Carmen


    trotzdem klasse Bericht und ein weitere Bereicherung für die WiKi

  • Moin Carmen,


    da gibt es ein kleines Missverständnis! Ich nehme sie zwar mit der Futterpinzette aus dem Zuchtbehälter, aber danach geht es genau wie bei dir weiter: Tür auf, Schabe rein, Tür zu, beobachten. Meine Terrarien sind aber auch alle Eigenbau und Schabenausbruchsicher (schönes Wort, was?).


    Direkt mit der Pinzette zu füttern mag ich überhaupt nicht.
    Notgedrungen mache ich es aber manchmal mit Grillen weil meine Hierodula Membranacea offensichtlich einfach zu faul sind, auch mal bis zum Boden herabzuklettern. Mir ist einmal das zu der Zeit einzige adulte Männchen über Nacht von einer Steppengrille gekillt worden. Das passiert mir nie wieder!


    Aber um deine Frage zu beantworten: Eine Schabenfalle reicht absolut aus. Die Biester wandern ja durch die ganze Wohnung, kommen überall hin. Aber nur die Falle (vorausgesetzt, sie riecht lecker nach Orangen) zieht sie magisch an!
    Wenn Schokoschaben in der Wohnung schon Ootheken gelegt haben, sollte man aber zur Sicherheit alle 14 Tage die Falle noch mal für ein paar Tage aufstellen. Wenn die letzte adulte Schabe gefangen ist, können aus den Ootheken ja immer noch Jungtiere schlüpfen. Denen sollte man dann fairerweise auch die Chance geben, die Falle von innen kennen zu lernen. 8)


    Liebe Grüße
    Max

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)

  • okay, nun habs auch ich begriffen :thumbsup:


    mir ging nach dem Telefonat mit einem Kammerjäger ganz schön das Zipperlein ;( du hättest deine Rezeptur halt schon viiiel früher posten müßen :D Ich hoffe, dass bei uns nix mehr auftaucht....scheins taugt die chemische Keule.


    Gruß Carmen

  • Hi Carmen,


    ich bin auch nur durch einen ganz dummen Zufall darauf gekommen.
    Damals habe ich noch keine Schaben gezüchtet sondern habe sie mir im Fachhandel gekauft. 20 Stück für 2,95€! Und so eine Dose war dann mal offen. Ich komme ins Bad und da wuseln 20 Schokoschaben herum. Tolle Sache! Ein paar habe ich mit der Hand einfangen können, aber die Masse ist natürlich verschwunden.
    Ich panisch losgezogen und Heimchenfallen, Klebestreifen und all solche Sachen gekauft.
    Am nächsten Morgen saßen alle Schaben im Mülleimer. Drin lagen ein paar Schalen von ausgepressten Orangen. Normalerweise ist da ein wirklich dicht schließender Decke drauf - nur an diesem Tag nicht.
    Der Rest war ein wenig experimentieren.


    Liebe Grüße
    Max

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)

  • Ich habe mir vorhin eine Orange gekauft, schön klein geschnitten und nun aufgestellt. Ich hoffe sie ist sehr ergiebig, habe heute über 20 tiere unter einem Karton gefunden. Wenn es nicht klappt benötige ich weitere Tipps.


    Grüße

    Der Wunsch ein Tier zu halten, entspringt einem uralten Grundmotiv. Nämlich der Sehnsucht des Menschen nach dem verlorenem Paradies.

  • Hallo ambanja,


    ich kann nicht sagen wie das zusammenhängt, aber zerquetschte Orangen funktionieren besser als zerschnittene.
    Vielleicht werden dabei mehr Duftstoffe freigesetzt?


    Liebe Grüße
    Max

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)

  • Moin Moin!


    Heute habe ich mal getestet, wie Mini-Schokoschaben (L1) bei Phyllocrania paradoxa L2 (spezialisiert auf fliegende Insekten) ankommen.
    Obwohl reichlich Drosos in der Box sind, wurden die Schaben schnell verputzt.
    Also gleich noch eine Handvoll mittelgroßer Schokoschaben zu den Phyllocrania paradoxa L4/L5 gesetzt. Ergebnis: Alle aufgefuttert. Auch hier waren reichlich Fliegen verschiedener Größe im Angebot.
    Die Schokoschaben scheinen echt lecker zu sein ...


    Liebe Grüße
    Max

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)