Wie clever sind Mantiden eigentlich?

  • Moin Florian,


    kannst du bitte den Satz:

    Welchem Fähigkeiten besitzt die Mantide die der das ermöglicht?

    mal in eine verständliche Form bringen? Verstehe nämlich nur der die das Bahnhof.
    Zu deinem letzten satz sage ich jetzt mal lieber gar nix...


    Liebe Grüße
    Max

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)

  • Nabend


    Ich glaube er meinte: "Welche Fähigkeit besitzt die Mantide, die der Mantide das Verhalten/wasauchimmer ermöglicht?"


    Übrigens hab ich auch schon beobachtet, dass Gottesanbeterinnen an Wespen anders rangehen als an Fliegen. Sie drehen die Wespe blitzschnell so, dass der Stachel sie nicht erwischen kann, falls das überhaupt nötig ist und die Wespe nicht schon "sicher" gefangen wurde.


    Bei einer (ausgewachsenen) Stabschrecke war zumindest meine Sphodromantis zu blöd um die überhaupt zu erkennen, ist nur auf sie drauf geklettert als wär sie ein Ast. Ich würd mal sagen die Tarnung ist geglückt :D


    Lieben Gruß,


    Levin

    Pseudempusa pinnapavonis 0.1
    Hierodula majuscula 0.0.1
    Popa spurca crassa 1.1
    Iris oratoria 0.0.xx

  • So war der Satz gemeint ;)
    Und solche angepassten Jagdstrategien zeugen für mich als Laien irgendwo schon von einem gewissen Maß an Intelligenz. Wär die Mantide einfach nur Dumm wär sie vermutlich schon ausgestorben weil sie blind auf jede Fliege zustürmt und ihr alles entkommt.


    Jetzt kann man sich natürlich streiten wie weit Instinkt und Angeborenes geht. Wie weit reicht eigentlich das Sichtfeld?
    Ein Anzeichen der der Intelligenz der Portia Spinne ist ja, dass sie bei der Jagd die Beute aus dem Sichtfeld verlieren, aber dennoch weiterverfolgen. Die Spinne vergisst also nich sofort alles wieder wie z b eine Fliege.


    Bei der oben erwähnten Fliege musste sie sich langsam drehen weil sie schräg hinter meine Mantide geflogen ist. Deshalb frag ich mich ob sie die ganze zeit Sichtkontakt hatte (weil sie eventuell "hinter" sich schauen kann) oder ob sie sich die Position der Fliege gemerkt hat.


    Nebenbei bemerkt find ich Intelligenz bei Tiere ein ziemlich spannendes Thema. ;)

  • Ziemlich interessante Diskussion!
    Meinen Senf dazugebend muss ich leider sagen dass ich mich beim Beobachten eher manchmal frage: Wie dumm sind die eigentlich? Zum Beispiel habe ich schon ein paar mal beobachtet, wie eine Gottesanbeterin Beute gefangen hat die an der Fliegengaze saß, dabei mit einem der Dornen an den Fangarmen auch etwas von dem Stoff erwischt hat und das Tier deshalb nicht einfach zum Kopf heben konnte um es zu fressen. Die einfachste Lösung, der man nach meinem subjektivem Empfinden nicht allzu viel Intelligenz beimessen muss, wären ein, zwei Schritte auf das Tier zu um es zu erreichen und fressen zu können. Stattdessen wird sich dann aber oft ziemlich krass verrenkt, gestreckt, grdreht und manchmal musste die Beute auch wieder losgelassen werden.
    Ehrlich gesagt habe ich den Eindruck, dass Gottesanbeterinnen zwar ziemlich viele gute, präzise und beeindruckende angeborene Fähigkeiten haben, bei unnatürlichen, neuen Problemen aber ziemlich schnell mehr oder weniger versagen und auch denselben Fehler immer wieder begehen. Also das genaue Gegenteil von Intelligenz.
    Ich hoffe das war jetzt nicht zu hart :D

    Als Gregor Samsa eines Morgens aus unruhigen Träumen erwachte, fand er
    sich in seinem Bett zu einem ungeheueren Ungeziefer verwandelt.

  • Nö Joel, ich stimme dir voll zu! Das ist bestimmt nicht zu hart.
    Doof aber sympatisch, so sehe ich die kleinen Monster.


    Liebe Grüße
    Max

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)

  • Hey,
    ich studiere Neurobiologie und Verhalten im Master. Zur Zeit arbeite ich am Nervensystem von Heuschrecken und meine weitere Laufbahn wird sich wohl ebenfalls mit Insekten befassen, vorallem wie Verhaltensmuster neuronal gesteuert werden. Ohne jetzt klugscheißerisch zu wirken, aber das sind alles im Genom verankerte Verhaltensmuster, die durch bestimmte Interaktionen mit der Umwelt ausgelöst werden.
    Man kann bspw. vor einem Frosch einen schwarzen Punkt bewegen und er wird danach schnappen, weil sein Gehirn einzig und alleine die Größe und Geschwindigkeit des Objekts, maximal noch die Bewegunsweise analysiert und dann ein Verhaltensmuster ausgelöst wird, sobald die Reize adäquat sind. Ebenso ist es mit Insekten. Klar können Insekten lernen, bspw. welche Futterquelle besser ist, Bienen können Farben lernen etc., aber das hat in dem Sinne nicht so viel mit Intelligenz zu tun. Man darf das Verhalten anderer Tiere nicht vermenschlichen, nur sind wir leider dazu verdammt das immer wieder zu tun ^^! Wer Intelligenz als die Fähigkeit auffasst mehr lernen zu können als andere, dann kann man von "Intelligenzunterschieden" im Tierreich ausgehen, ob der Mensch dabei ganz oben steht lässt sich bei einigen Exemplaren des öfteren bezweifeln ;) :D!
    Ich hoffe ich konnte etwas helfen ;).


    Liebe Grüße

    Phyllocrania paradoxa
    Blepharopsis mendica

    Gongylus gongylodes

    Medauroidea extradentata
    Phyllium phillippinicum
    Sipyloidea sipylus


    Euperipatoides kanangrensis

    Dieser Beitrag wurde bereits 3 Mal editiert, zuletzt von Insektenfan_Vorador ()

  • Servus Neuling!


    Sehr interessanter Beitrag! Ich denke mal, du wirst einiges von deinem Wissen und deinen Forschungen auch bei Mantiden beobachten und anwenden. Ich würde mich freuen, wenn du des Öfteren mal deinen Senf dazu gibst ;)
    Kennst du gut verständliche Literatur zu diesem Thema?


    Gruß
    Manuel

    Hass und Wahnsinn regieren den Tag!

  • Hey Mettgolem,


    mit Literatur ist das so ne Sache. Fachliteratur gibt es schon einiges, in Form von Büchern eher "allgemeiner" gehalten, ansonsten wissenschaftliche Artikel (immer in englisch), aber die sind extrem speziell auf einen einzigen Aspekt eines Forschungsergebnisses. Ab und zu kommen dann mal Reviews, die ein paar Jahre Forschung zusammen fassen, aber das ist dann auch oft nicht viel einfacher ;). Aber ich kann mich Montag mal auf Arbeit umhören ob es gute Literatur gibt. Mantidenfoschung allerdings hält sich ziemlich in Grenzen, da eine Zucht sehr sehr aufwendig ist (für Laborverhältnisse).
    Was ich zu Hause stehen hab und zum Thema passt ist "Learning and Memory - From Brain to Behaviour" ist von Mark A. Gluck, gibt es auch auf deutsch. Hab es aber noch nicht gelesen ;), soll aber in dem Bereich eines der Besten sein. Ist aber halt ein wissenschaftliches Buch und nicht mal eben als Abendlektüre ^^!
    Übrigens für alle die es interessiert, das absolute non plus ultra in Sachen Forschungsobjekt bzw. Modellorganismus egal ob es um Menschen oder sonstige Tiere geht, ist Drosophila melanogaster.


    Grüße


    P.S. Mettgolem, vllt kannst du mir auf meine Frage im Forum helfen, hab gesehen du hattest auch mal Phyllocrania paradoxas (Terrariumgröße für Phyllocrania paradoxa)

    Phyllocrania paradoxa
    Blepharopsis mendica

    Gongylus gongylodes

    Medauroidea extradentata
    Phyllium phillippinicum
    Sipyloidea sipylus


    Euperipatoides kanangrensis

  • Hallo,

    ...vorallem wie Verhaltensmuster neuronal gesteuert werden. Ohne jetzt klugscheißerisch zu wirken, aber das sind alles im Genom verankerte Verhaltensmuster, die durch bestimmte Interaktionen mit der Umwelt ausgelöst werden...

    komme etwas durcheinander. Wo sind die Verhaltensmuster jetzt festgelegt, in den Genomen oder werden die neuronal gesteuert? Wenn in den Genen, wie können die mit der Umwelt interaktieren?


    Was etwas offtopic ist, mir aber bei der Freßweise der Mantiden doch immer wieder durch den Kopf geht, inwieweit sind Insekten schmerzempfindlich?


    Grüße

  • Hallo,
    ich versuch es mal kurz und unkompliziert zu machen ^^.
    Wie jeder weiß trägt das Genom die Erbinformation und wie der Name schon sagt steckt darin die Information für z.B. den Aufbau des Körpers und auch des Nervensystems. Das heißt genetisch sind schon einige Neuranale Netzwerke vorverschaltet, die dann auch nach der Geburt/Schlupf (je nach Tier) gleich funktionieren. Diese Netzwerke sind z.B. dafür zuständige auf Reize aus der Umwelt zu reagieren, sprich ein Verhalten auszulösen oder es zu modulieren. Sieht also eine Mantide eine Fliege vorbei fliegen, schnappt sie nach ihr, falls sie Hunger hat. Dieses Verhalten war schon im Genom vorprogrammiert und in ihrem Nervensystem ausgelöst und moduliert, in dem sie Reize aus der Umwelt analysiert oder auswertet.
    Ohne jetzt zu sehr ins Detail zu gehen, die Umwelt beeinflusst auch die Gene, die sogenannte Epigenetik, wer sich dafür interessiert sollte unter dem Stichwort suchen. Kurze Erklärung: hier werden nicht die Erbinformationen geändert (also Basen ausgetauscht oder so) sondern hier wird z.B. die Verpackung einzelner Genabschnitte verändert, Gene die vorher "verpackt" (also inaktiv) waren, werden nun frei gelegt (aktiv) und schon ändert sich was in den Zellen. Hochkomplexes Thema, teilweise extrem kompliziert.


    Zum Schmerzempfinden:
    Das Thema ist noch etwas umstritten. Insekten haben keine klassischen Schmerzrezeptoren (Nozizeptoren) wie Säugetiere (also auch der Mensch). Sie haben aber Rezeptoren die etwas anders funktionieren. Es ist wohl eher so, dass wenn sie gefangen werden, natürlich Rezeptoren aktiv werden und Fluchtverhalten auslösen. Aber Schmerz würd ich sagen empfinden sie nicht, sie reagieren aufs gefresen werden. Aber wie gesagt schwer zu sagen. Wohl aber eher nicht.
    Vllt noch ein Beispiel:
    denkt man an die Paarung von Mantiden so kennt jeder den abgebissenen Kopf des Männchens. Würde es in unserem Sinne Schmerz empfinden, würde es wohl kaum noch zur Paarung fähig sein, stattdessen macht es was, wie oben erwähnt im genetischen Vrhaltensrepertoir so festgelegt ist. Und man kann sogar sagen, das jedes Körpersegment, seine eigene Schaltzentrale (""Gehirn"") hat, sonst wäre das nicht möglich.


    Ich hoffe das war verständlich ^^


    Grüße

    Phyllocrania paradoxa
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  • Moin Moin!


    Das ist sehr schön verständlich geschrieben, auch für Nicht-Wissenschaftler.
    Ich hoffe sehr, du bleibst uns hier lange erhalten und wir können dich und dein Wissen noch reichlich "ausnutzen". ;)


    Allerdings wäre ich mit solchen Formulierungen eher vorsichtig:

    Wie jeder weiß trägt das Genom die Erbinformation...

    Liebe Grüße
    Max


    PS: Schade, dass wir dich nicht mit Namen ansprechen können.

    Wir haben die Erde nicht von unseren Vorfahren geerbt, wir haben sie von unseren Kindern geliehen.
    (Sitting Bull, Häuptling der Sioux)

  • Hallo,
    ja ok der Ausdruck ist vllt wirklich mit Vorsicht zu genießen.
    Wer Fragen hat kann sie gern stellen, ich versuch sie wenn möglich zu beantworten :).


    Liebe Grüße
    Flo ;)

    Phyllocrania paradoxa
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  • Danke für die Antwort.
    Wobei das mit dem Festgelegten Verhalten in den Genen ja noch etwas Umstritten ist. Z. B. die Singvögel, die man aufzieht, es gibt welche die die artspezifische Singweise können, also angeboren (wobei mir schleierhaft ist wo eine Melodie in den Genen hinerlegt sein soll) und es gibt welche die die Meldodie eindeutig von den Eltern lernen...
    Aber sonst hättest du ja nichts mehr zu forschen :D


    Grüße

  • Hallo,
    ich habe auch schon mit Singvögeln gearbeitet, um genauer zu sein Zebrafinken. Die sind in der Forschung von besonderer Bedeutung, denn deren Gesangslernen entspricht dem unseren Sprachlernen. Und Defekte in bestimmten Genen (FoxP2), verursachen die gleichen Gesangsdefekte wie beim Menschen in der Sprache.
    Man muss zwischen verschiedenen Singvogelgruppen unterscheiden, die die es von Geburt an können und die (und das ist eigentlich die Regel) die es Lernen müssen. Die Schlüpflinge benötigen einen Tutor, von dem sie wie Babys die Sprache, den Gesang lernen.
    Angeborenen Gesang kannst du dir so vorstellen, dass genetisch der Gesangsapparat (Syrinx) angelegt ist und Nerven-Netztwerke, die den Muskelapparat zum singen steuern können. Und wenn wir dann mal davon ausgehen würden, dass ein im Genom festgelegtes Netzwerk aus Neuronen für den Ton C zuständig ist, also die Muskeln so bewegt, dass am Ende der Ton C aus dem Schnabel kommt, dann kann auch jeder andere Ton im Genom codiert sein. Und das ist ja das faszinierende an der Biologie, wie sich im Laufe von Millionen von Jahren solche hochkomplexen Strukturen und Eigenschaften entwickelt haben.


    Liebe Grüße Flo :)

    Phyllocrania paradoxa
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